Wie lassen sich Infektionsdaten sinnvoll bündeln, auswerten und für Forschung und öffentliche Gesundheit nutzbar machen? Diese Frage stand am Anfang des Clinical Virology Network (CVN) – einer Initiative, die Laborinformationen aus ganz Deutschland (und darüber hinaus) zusammenführt.
Im Gespräch erklärt Prof. Dr. med. Barbara Gärtner vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität des Saarlandes, wie das Netzwerk entstand, welche Lücken es in der Surveillance schließt, und warum ehrenamtliches Engagement und wissenschaftliche Kooperation dabei entscheidend sind.
CVN: Was wünschen oder erhoffen Sie sich persönlich für die Zukunft des Netzwerks?
Prof. Gärtner: Das Netzwerk lebt von viel ehrenamtlicher Arbeit. Deswegen würde ich mich freuen, wenn sich noch ein paar Kolleginnen und Kollegen finden, um das Netzwerk über die nächsten Jahre weiter zu tragen, damit diese schöne Initiative weiterhin leben kann.
CVN: Was bedeutet Ihnen persönlich die Arbeit am Clinical Virology Network – und was motiviert Sie, dieses Projekt weiterzuführen?
Prof. Gärtner: Zuallererst benutze ich die Daten selbst in meiner Arbeit. Es ist wichtig zu wissen was gerade zirkuliert, um diagnostische Ergebnisse einordnen zu können. Oft schaue ich auch aus purem Interesse nach, wie sich Erregernachweise über die Zeit entwickelt haben. Zum anderen macht es einfach Spaß zu sehen, dass wir als Gemeinschaft ohne jegliches kommerzielles Interesse so etwas aufbauen konnten, und das will ich gerne erhalten.
CVN: Welche nächsten Schritte oder Erweiterungen halten Sie für das Netzwerk für wichtig – etwa in Richtung internationaler Zusammenarbeit, neue Pathogene oder technische Innovationen?
Prof. Gärtner: Die internationale Zusammenarbeit findet bereits jetzt schon statt. Neben Daten aus Deutschland werden auch Daten aus der Schweiz, Luxemburg und Österreich wiedergegeben. Eine weitere internationale Zusammenarbeit ist absolut wünschenswert, allerdings sollten wir die Daten weiterhin für jede Region getrennt darstellen. Es liegt in der Natur der Sache, dass Daten zur Saisonalität je nach klimatischen Bedingungen sehr unterschiedlich sein können. Daher sind dann regionale Auswertungen wichtig.
CVN: Was wünschen Sie sich von der wissenschaftlichen Community oder politischen Entscheidungsträgern, um das CVN langfristig zu stärken?
Prof. Gärtner: Wir würden uns freuen noch mehr Sponsoren zu finden. Obwohl wir die Arbeit ehrenamtlich machen, brauchen wir Mittel, um die Plattform am Laufen zu halten. Die Finanzierung ist ein echtes Problem. Die Daten des CVN haben schon Eingang in Leitlinien gefunden und es sind auch schon mehrere wissenschaftliche Arbeiten entstanden. Das soll weitergeführt werden und noch intensiver werden. Von der Politik würde ich mir wünschen das Netzwerk zu unterstützen und auch zur Finanzierung beizutragen.
Zusammenfassung
Das Clinical Virology Network zeigt, wie wissenschaftlicher Austausch und gemeinschaftliches Engagement neue Perspektiven in der Infektionsüberwachung eröffnen können.
Indem das Netzwerk auch negative Laborbefunde erfasst, liefert es ein umfassenderes Bild über die tatsächliche Verbreitung vieler Erreger und schließt wichtige Informationslücken bestehender Meldesysteme.
Für Prof. Barbara Gärtner ist das CVN nicht nur ein wertvolles Forschungsinstrument, sondern auch ein Beispiel gelebter wissenschaftlicher Solidarität: getragen von Kolleginnen und Kollegen, die ihre Daten teilen, um Erkenntnisse für alle zu gewinnen.
Damit diese Initiative weiter wachsen kann, braucht es jedoch langfristige Unterstützung – sowohl aus der Wissenschaft als auch von politischer Seite.
